Wer sich an die Zeit vor Amazon erinnert, hat vielleicht die Buchläden in seiner Heimatstadt vor Augen, in denen es ausschließlich Bücher und Zeitschriften gab. Doch das Angebot ist heute ein deutlich anderes, als es vor der digitalen Revolution gewesen ist. Der stationäre Handel hat sich ein Stück weit an dem Internet-Giganten orientiert. Der Onlinehändler begann als erstes den Buchhandel zu revolutionieren, doch als Buchhändler wird Amazon heute kaum mehr wahrgenommen. Es gibt sie natürlich immer noch, die Bücher und die Magazine, mittlerweile sogar überwiegend in digitaler Form. Doch sind sie nicht mehr das Hauptgeschäftsfeld des ehemaligen Online-Buchhändlers, im Laufe der Jahre kamen immer mehr Produktgruppen hinzu und mittlerweile gibt es dort nichts, was es nicht gibt.
Wer die Biografie des Gründers Jeff Bezos liest, dem wird schnell klar, dass er dies von Anfang an so geplant hatte. Der Buchhandel galt als Einstieg, da hier die Konkurrenz überschaubar und das finanzielle Risiko klein war. Dieser Strategie scheint sich nun der stationäre Buchhandel zu bedienen. Aus den ehemaligen reinen Buchläden werden breitgefächerte Konsumtempel mit Café und Restaurant.
Wie sehen die Buchläden heute aus?
Betritt man einen Buchladen in seiner Heimatstadt, sieht man im Eingangsbereich oft ein sehr breites Angebot von allen möglichen Waren. Die Buchhändler haben den Nippes für sich entdeckt. Dies ist nicht negativ gemeint, sondern richtet den Fokus auf eine Produktgruppe, die bis vor ein paar Jahren nur von sehr wenigen Händlern bedient worden ist. Es sind Geschenkartikel, Wohn-Accessoires und generell Produkte, die weniger als zwanzig Euro kosten. Dieser Betrag gilt unter Verkaufspsychologen als eine Schwelle, die es zu unterbieten gilt, denn Produkte, die darunter liegen, werden vom Kunde deutlich unkritischer hinterfragt als bei Waren die über diesem Betrag liegen.
Der Buchhandel musste sich etwas einfallen lassen
Der Druck durch die Online-Konkurrenz war immens und die Lösung scheint in der Erweiterung des Sortiments zu liegen. Im Grunde ist dies eine kleine Kopie dessen, was Amazon im Großen vorgemacht hat. Die Strategie scheint aufzugehen, die Erlöse aus dem Verkauf dieser neuen Produkte haben einen erheblichen Anteil am Gesamtumsatz und sind somit aus dem Sortiment nicht mehr wegzudenken. Hier ist dem Buchhandel geradezu ein Coup gelungen, denn als der Erfolg von Amazon immer größer wurde, wurden auch die Stimmen lauter, die den Untergang des stationären Buchhandels herbeiredeten. Doch weit gefehlt. Und die Strategie wird nun auch von anderen Branchen gekonnt aufgegriffen. Ob es sich um Baumärkte oder um Händler für Schuhe handelt, überall wurde das Sortiment überdacht und entsprechend erweitert. Dies alles unter strengen verkaufs-psychologischen Gesichtspunkten. Hier wird nichts mehr dem Zufall überlassen.
Der Kunde profitiert davon ebenso
Die letzte Instanz, die darüber entscheidet, ob eine neue Ausrichtung des Geschäfts gut oder schlecht ist, ist der Kunde. Er entscheidet ganz alleine über Erfolg und Misserfolg. In diesem Falle hat er sich zugunsten der Erweiterung ausgesprochen und die neuen Kaufangebote dankend angenommen.